Aktualisiert am 25. Februar 2022 von Dagmar Schlenz
Wanderung zur schönsten Eislandschaft Europas
Gesamtlänge: 11 Kilometer; Schwierigkeit: einfach
Zu den besonderen Highlights eines Norwegen-Urlaubs gehört ohne Frage eine Wanderung zu einem der vielen Gletscher des Landes. Aber zu welchem? Immerhin hat die letzte Gletscherzählung in Norwegen eine Gesamtzahl von 2534 Gletschern ergeben!
Nationalpark Jostedalsbreen
Mehr als die Hälfte der norwegischen Gletscher befindet sich im Süden des Landes. Hier liegt auch der Nationalpark Jostedalsbreen mit Europas größtem Festlandsgletscher.
Die Region ist touristisch gut erschlossen und die Gletscherzungen Bøyabre, Briksdalsbre und Nigardsbre sind beliebte Ausflugsziele.
Weniger bekannt – und damit auch deutlich ruhiger und ursprünglicher – ist der Austerdalsbre, ebenfalls ein Auslassgletscher des Jostedalsbre.
Anfahrt zum Tungestølen
Vielleicht schreckt ja die Anreise einige Besucher ab? Abseits der Haupttouristenpfade sind die Straßen in Norwegen oft schmal. So auch die Straße 337 nach Veitastrond, die bei Hafslo von der F 55 abzweigt. Der Ausblick auf den schönen See Veitastrandvatnet wird immer wieder unterbrochen, denn auf der Strecke gibt es einige einspurige und sehr finstere Tunnel. Aber keine Sorge: Hier gilt nicht das Recht des Stärkeren! Falls einem tatsächlich mal jemand entgegenkommt, gibt es Ausweichmöglichkeiten in einer der Haltebuchten.
Hinter dem beschaulichen Örtchen Veitastrond beginnt die private Schotterpiste, für deren Benutzung man einen kleinen Obolus (2021 waren es 70 NOK) in einem Kasten am Wegesrand hinterlegen muss.
Wanderung zum Austerdalsbreen
Der 5,5 Kilometer lange Wanderweg zum Austerdalsbreen beginnt bei der architektonisch interessanten Schutzhütte Tungestølen. Obwohl wir einen perfekten Tag erwischt haben, ist auf dem Parkplatz wenig los. Direkt hinter der auch von vierbeinigen „Wanderern“ frequentierten Brücke hält man sich rechts. Auf einem von Blaubeersträuchern gesäumten Pfad geht es zunächst leicht bergauf und wieder bergab.
In der langgezogenen Ebene, die man dann durchquert, herrscht eine wunderbare Ruhe. Während man durch das Flussbett spaziert, ist nur das Knirschen der eigenen Schritte im Kies zu hören. Gelegentlich bimmelt in der Ferne eine Schafsglocke.
Später kommt das Rauschen der Bäche hinzu, die man auf schmalen Brücken, Steinen oder Brettern überquert. An regnerischen Tagen ist das vielleicht manchmal eine etwas rutschige Angelegenheit, aber an einem so sonnigen Tag kein Problem.
Nähert man sich dem Ende der Ebene, dann verändert sich langsam die Landschaft. An den Hängen, die das Tal an den Seiten begrenzen, weicht das Grün langsam dem grauen Fels.
Überall liegen nun große Steine und Geröll. Wir passieren riesige Felsblöcke. Ob der Gletscher das alles wohl im Gepäck hatte?
Der Weg wird steiler, jetzt geht es einen ebenfalls von Steinen und Geröll gesäumten Hang hinauf. Ein Blick zurück ins Tal macht uns deutlich, welche Strecke wir bis hierhin bewältigt haben – und auch wieder zurückgehen müssen.
Die schönste Eislandschaft Europas
Doch nun erstmal zum Gletscher. Eine Metalltafel an einem Stein setzt uns davon in Kenntnis, dass der Bergsteiger William C. Slingsby den Austerdalsbreen als „die schönste Eislandschaft Europas“ bezeichnet hat. Das war bei der Entdeckung des Gletschers im Jahr 1894.
Ist das immer noch so? Um uns selbst davon zu überzeugen, brauchen wir noch etwas Geduld. Von unserem Standpunkt sehen wir zunächst die Abbruchkante des Gletschers, an deren Fuß sich ein graugrüner See erstreckt.
Noch ein Stück weiter, dann gelangen wir zum Aussichtspunkt. Und der Anblick ist wirklich spektakulär: Zwei Eisströme fließen den Hang hinab und vereinen sich am Fuß zu einer großen, zerfurchten Eisfläche, die sich weit ins Tal hineinzieht.
Unten vor dem Gletscher entdecken wir eine Gruppe Wanderer und nach einer kleinen Stärkung klettern wir ebenfalls vorsichtig den Geröllhang hinab. Mit einer gehörigen Portion Respekt nähern wir uns dem Rand des Gletschers.
Schroffe Gletscherkanten und eine Brücke aus Eis erwarten uns. Ein toller Anblick, aber wir halten immer Abstand, denn der Gletscher ist ständig in Bewegung. Wir genießen eine Weile diesen besonderen Moment, dann machen wir uns auf den Rückweg.
Du magst Gletscher und schroffe Berge? Wie wäre es dann mal mit einem Trip nach Patagonien. Im Nationalpark Torres del Paine ist man zwar nicht gerade allein unterwegs, die Wanderungen haben aber einen ganz besonderen Reiz.