Aktualisiert am 18. Februar 2022 von Dagmar Schlenz
Im Herbst, wenn sich die Blätter langsam verfärben und die Weinlese in vollem Gange ist, zieht es mich mit einigen Freundinnen in ein deutsches Weinbaugebiet. Im Jahr 2020 fiel unsere Wahl auf Sachsen und die Sächsische Weinstraße. Obwohl der Oktober sich nicht von seiner goldenen Seite zeigte, haben wir trotzdem einige schöne Wandertouren unternommen und den einen oder anderen lokalen Tropfen gekostet.
Hier kommen nun einige Tipps für Wanderungen und Weingenuss rund um die Sächsische Weinstraße.
Sächsische Weinstraße: Radebeul
Als Ausgangspunkt für unsere Touren haben wir die rustikale Pension Bilz gewählt, die etwas abseits des Zentrums von Radebeul im Lößnitzgrund liegt. Mehrmals täglich rattert dort mit viel Dampf und lautem Getute die Lößnitzgrundbahn vorbei.
Mein Tipp: Wer in der dunklen Jahreszeit hier absteigt, sollte auf jeden Fall eine Taschen- oder Stirnlampe für den Fußweg in den Ort dabeihaben.

Direkt hinter den Gleisen kann man zu mehreren Wandertouren starten, und so ging es gleich am ersten Tag zum etwa vier Kilometer entfernten Schloss Wackerbarth. Im akkurat angelegten Schlossgarten wurden in Corona-gerechtem Abstand Tische und Stühle platziert, an denen man sich Wein und Sekt aus der eigenen Kellerei schmecken lassen kann. Das Ambiente ist etwas gediegen, aber der Sekt auf jeden Fall empfehlenswert.


Vorbei an der in den Weinbergen gelegenen Volkssternwarte, am weithin sichtbaren Wasserturm und an den alten Villen Radebeuls wandert man zurück zum Weingut Hoflößnitz. Auch hier kann man sich auf einer schönen Terrasse mit Blick über den Ort ein Gläschen gönnen.
Wer nach dem ganzen Traubensaft Hunger verspürt, dem sei das Restaurant „Spitzhaus“ empfohlen. Das Essen muss man sich allerdings erst verdienen, denn es geht durch den Weinberg „Goldener Wagen“ 397 Stufen die Spitzhaustreppe hinauf. Wenn man wieder zu Atem gekommen ist, hat man einen grandiosen Blick bis nach Dresden.

Moritzburg
Kehrt man Weinbergen und Elbe den Rücken zu und wandert von Radebeul nach Norden, gelangt man durch schöne Landschaft ins etwa 8 Kilometer entfernte Moritzburg mit seinen Teichen und Schlössern. Auf dem Weg dorthin passiert man das „Rote Haus“, den Neubau eines roten Badehauses, in dem sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Künstlergruppe „Brücke“ traf. Von der Kreativität ihrer Mitglieder zeugen noch einige Kunstwerke am Ufer des Dippelsdorfer Teiches.


Durch Felder und Wiesen gelangt man schließlich nach Moritzburg.
Die bekannteste Sehenswürdigkeit des Ortes ist das prunkvolle Jagdschloss. Wer noch nicht genug Bewegung hatte, der kann vom Schloss aus auf dem Königsweg eine Rundwanderung durch die Moritzburger Kulturlandschaft unternehmen. An der Treppe zum Schlossgarten verlor übrigens Aschenbrödel im Film „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ ihren Schuh.
Verloren hatte eine meiner Mitreisenden ihren Schuh zwar nicht, aber die neuen Wanderschuhe waren noch nicht so optimal eingelaufen. Also ging es mit der Lößnitzgrundbahn bequem zurück nach Radebeul. Nicht nur für Eisenbahnfans ein Spaß!



Von der Station „Weißes Ross“ in Radebeul aus lohnt sich noch ein Abstecher in den Ortsteil Altkötzschenbroda nahe der Elbe. Das historische Dorf, dessen Gebäude teilweise schon stark verfallen waren, wurde über viele Jahre aufwändig saniert. Heute befinden sich in den hübschen Häusern rund um den Dorfanger diverse kleine Geschäfte und nette Lokale, in denen man sich nach einem langen Tag an der frischen Luft stärken kann.

Meißen
Viele Menschen – mich eingeschlossen – kennen die Stadt Meißen nur als Herkunftsort für edles Porzellan, dessen Erkennungsmerkmal zwei gekreuzte Schwerter sind und das wohl behütet in so manchem Regal verstaubt. Doch es gibt in Meißen rund um das älteste Schloss Deutschlands, die Albrechtsburg, auch eine sehenswerte Altstadt.
Wer es sportlich mag, der kann mit dem Fahrrad die 15 Kilometer von Radebeul bis nach Meißen entlang der Elbe radeln, aber die Anreise ist natürlich auch per Auto oder S-Bahn (Linie S1) möglich.
Auf einem Altstadtrundgang lässt sich so einiges entdecken. Neben den nicht zu übersehenden historischen Bauten finden sich bei genauem Hinschauen viele reizvolle kleine Details.



Jetzt noch ein Blick aus der Vogelperspektive gefällig? Auch das ist möglich. Schwindelfreie können den Turm der Frauenkirche erklimmen und werden nach 193 Stufen mit einem tollen Blick auf die Albrechtsburg, den Dom und die Altstadt belohnt.


Soviel Kultur macht hungrig und durstig, aber die erhoffte Einkehr in der Weinerlebniswelt Meißen musste leider ausfallen – für eine Weinverkostung hätten wir uns vorher anmelden müssen.
Weingenuss im Weinberg
Zum Glück hatten wir schon einen Plan B – den Weinschank an der Finsteren Gasse in Radebeul. Der vermeintlich kürzeste Weg von unserer Pension führte zwar über einige Umwege kreuz und quer durch den Wald, aber am Ende kamen wir dann doch noch ans Ziel. In der kleinen Straußenwirtschaft sitzt man mitten im Weinberg und kann die dort gewachsenen Trauben in flüssiger Form verkosten. Dazu schmecken eine „Fettbemme“ (ja, richtig gelesen – das ist der sächsische Begriff für ein Schmalzbrot) sowie Käse- und Schinkenbrote ganz köstlich.
Ein schöner Sonnenuntergang über dem Weinberg rundet den Abend ab.


Pfaffenstein
Den krönenden Abschluss unseres Aufenthalts in Sachsen sollte eine Wanderung im Elbsandsteingebirge bilden. Unser Timing dafür war allerdings nicht ganz so gut, denn sonntags macht man ja gerne mal einen Ausflug mit der Familie. Und so hatte gefühlt halb Sachsen die gleiche Idee wie wir: Ein Aufstieg zum Pfaffenstein.
Rundwanderung ab Königstein
In Königstein, dem Start- und Endpunkt unserer knapp 10 Kilometer langen Rundwanderung, konnten wir immerhin einen der letzten Parkplätze am Bahnviadukt ergattern.
Zunächst waren wir dann auch noch ziemlich alleine unterwegs, aber schon bei den ersten Highlights der Wanderung, der Diebshöhle und dem Tafelberg Quirl, trafen wir auf die ersten größeren Wandergruppen. Die konnten wir durch einen kurzen Aufstieg auf den Tafelberg hinter uns lassen. Von oben bietet sich ein toller Blick auf die Festung Königstein.


Auf der Strecke zum Pfaffenstein hatten sich die Wanderer wieder ganz gut verteilt und auch der Enge Aufstieg über den Klamm-Weg bis zum Gipfel war ohne größere Wartezeiten machbar. Doch am Berggasthaus Fels Pfaffenstein versammelten sich dann lärmend diverse Gruppen und Familien – inklusive Kinderwagen und Laufrad (wie auch immer das alles hier hochgelangt war). An Einkehr war jedenfalls nicht zu denken. Aber wir wollten zumindest noch einen Blick auf die „Barbarine“ werfen.

Wir warteten gefühlt eine Ewigkeit, bis wir uns durch Enge Spalten und über schmale Treppen bis zum Aussichtspunkt durchquetschen konnten, von dem man die berühmte Felsnadel sehen kann. Dass es sich um eine zu Stein erstarrte Jungfrau handeln sollte, konnte ich selbst mit viel Phantasie nicht erkennen. Aber die Zeit, die mir für die Betrachtung blieb, war auch extrem kurz, dann drängten schon die nächsten Ausflügler von hinten.

Als auf dem Rückweg zum Berggasthaus ein beleibter Mann in einer Felsspalte verkündete, er würde feststecken, waren wir zum Glück schon durch. Und der Ausruf nur ein Scherz. Doch uns graute schon vor dem Abstieg durch das Nadelöhr – ob der Name wohl Programm sein würde?
Über Treppen und Leitern hinab ging dann aber alles relativ entspannt und mit nur kurzen Wartezeiten. Auf einen Abstecher nach Pfaffendorf haben wir angesichts der Horden, die hinter uns aus dem Wald Richtung Ort strömten, dann aber lieber verzichtet und uns auf den direkten Rückweg nach Königstein begeben.
Fazit: Schöne Wanderung, aber nicht an einem Sonntag!
Zum Abschluss: Bier!
Die verdiente Stärkung nach unserer Tour gab es dann im beheizten Wintergarten der urigen Lößnitztalschenke in Radebeul. Aber an die sprachlichen Gegebenheiten hatten wir uns auch nach 4 Tagen noch nicht gewöhnt. Weder, als das Essen mit einem zackigen „Schmecken lassen!“ auf den Tisch gestellt wurde. Noch, als ich meinen Mitreisenden fröhlich verkündete, der Wirt hätte mir Volksbier zum Mitnehmen für den Absacker auf dem Zimmer angeboten. Denn bei einem Blick auf den 6er Träger stellte ich fest, dass es sich bei dem vermeintlichen Volksbier um „Vollbier Pilsener“ handelte.
Nun ja – wir üben das mit der Verständigung fleißig weiter, damit wir bei unserer nächsten Reise nach Sachsen besser gewappnet sind.
