Aktualisiert am 16. Dezember 2022 von Dagmar Schlenz
Die Verlockung war einfach zu groß! Ich wollte Island unbedingt so erleben, wie es wohl vor 20 Jahren war, mit viel weniger Tourismus. Im Sommer 2020 gab es die Chance dafür: Die wegen der Corona-Pandemie eingeführten Reisebeschränkungen wurden gerade wieder gelockert. Also machte ich mich auf nach Island und war zwei Wochen unterwegs auf der Ringstraße, mit Übernachtungen im Zelt oder in kleinen Hütten.
Ich tauchte ein in eine andere Welt – ein unglaublich schönes Naturerlebnis, das mich nicht wieder losgelassen hat.
Hinweis zu Hotels/Unterkünften
In allen Hotels und Cottages sowie auf den Campingplätzen, die ich in diesem Blog erwähne, habe ich selber übernachtet. Alle Bewertungen und Empfehlungen beruhen daher auf eigenen Erfahrungen. Ich erhalte keine Provision von den Betreibern der Unterkünfte oder anderen Buchungsplattformen.Alle aktuellen Informationen zu den aktuellen Einreisebestimmungen findet ihr in den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes.
Der Westen

Nach einem ruhigen Flug in einer fast ausgebuchten Maschine verläuft die Einreise recht unproblematisch – man braucht nur etwas Zeit für die Kontrollen, die der Corona-Pandemie geschuldet sind.
Dann können wir mit dem Mietwagen unsere Tour starten, im Uhrzeigersinn die Ringstraße entlang – erster Stopp Hafnarfjall. Das Licht und die Landschaft zieht mich sofort in ihren Bann.


In unserem sehr schön gelegenen Hotel Hafnarfjall kommt das warme Wasser aus einer heißen Quelle mit dem klangvollen Namen Deildartunguhver und riecht stark nach Schwefel (faulen Eiern). An diesen besonderen Geruch Islands muss ich mich erstmal gewöhnen.

Am nächsten Morgen gehts bei leichtem Regen Richtung Norden – mit Abstecher zum ersten Wasserfall der Tour, dem Hraunfossar (Lavafall). Die jetzt leeren Parkplätze für Busse lassen ahnen, was hier sonst so los ist.

Auf dem Weg zurück zur Ringstraße stoppen wir noch bei der Thermalquelle Deildartunguhver – hier kann man im kuschelig warmen Gewächshaus mal ein paar Schichten Klamotten ablegen und neben den Tomaten Kaffee trinken.



An der Ringstraße liegen die Vulkankrater Grábrók und Grábrókarfell – bei einem Spaziergang auf dem Kraterrand kann man sich die Beine vertreten und tolle Ausblicke genießen!


Der Norden
Unser erster Stopp im Norden ist Hvammstangi. Die Sonne schaut hervor, gutes Campingwetter. Der Campingplatz liegt sehr schön oberhalb des Ortes, bei der kleinen Kirche und dem Friedhof.


Am nächsten Morgen umrunden wir auf einer Schotterpiste die Halbinsel Vatnes mit Seehundbänken und dem Felsen Hvítserkur.





Grettislaug
Unser Zelt schlagen wir an diesem Abend auf dem wunderschön gelegenen Campingplatz Grettislaug auf – und können uns in der gleichnamigen Quelle aufwärmen! In Grettis Café sitzt man gemütlich und es gibt sehr leckere Kjötsúpa (isländischen Lammeintopf mit Gemüse). Die nächtliche Ruhe wird nur durch ein gleichmäßiges Brummen gestört. Das sind die Standheizungen der Happy- und Cosy-Campers, die sich links und rechts neben unser Zelt platziert haben. Bei dem Preis für das Fahrzeug war wohl kein teurer Schlafsack mehr drin.


Halbinsel Tröllaskagi
Vor dem Frühstück noch mal in die heiße Quelle, dann gehts etwas wehmütig weiter. Aber auch die Tour um die Halbinsel Tröllaskagi ist ein absolutes Highlight! Weite Landschaften, schroffe Klippen, bunte Leuchttürme an der menschenleeren Küste.




Eine besondere Atmosphäre herrscht im verschlafenen Fischerort Siglufjörđur. Schlendert man am beschaulichen Hafen entlang, mag man kaum glauben, dass hier zu Zeiten des Heringsbooms noch eine riesige Fangflotte lag. Das änderte sich mit dem Ausbleiben der Heringe in den 1960er-Jahren schlagartig. Jetzt gibt es im Hafen nur noch etwas Action, wenn die wenigen verbliebenen Fischtrawler ihren Fang anlanden und sich die Möwen kreischend auf den frischen Kabeljau stürzen.


Von Akureyri zum Gođafoss
Die Nacht verbringen wir auf dem riesigen Campingplatz Hamrar bei Akureyri. Immerhin ist das Areal in diverse Wiesen unterteilt, die von kleinen Bäumen und Büschen umsäumt sind. Ist viel los hier, und so haben wir ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm. Isländische Familien bauen ganze Wagenburgen auf, aus unscheinbaren Zeltanhängern entsteht nach viel Gekurbel und Gezerre eine Unterkunft für 5-6 Personen.
Interessant ist auch der Frisbee-Golf-Parkour im Wald. Mit Rucksäcken voller Frisbee-Scheiben bewaffnete Gruppen ziehen an uns vorbei und werfen ihre Scheiben scheinbar planlos in die Bäume. Ziel ist es aber, einen der gelben Metallkörbe im Unterholz zu treffen.

Akureyri hat nicht so viel zu bieten, aber die Skyr-Torte im Kaffi Ilmur ist lecker! Bei bestem Wetter geht es dann zum beeindruckenden Gođafoss (Götterfall). Bei der Anfahrt sieht man in der Ferne schon die Gischt. Obwohl es sich um eine der touristischen Attraktionen im Norden handelt, ist es erfreulich leer und so können wir ungestört das Naturschauspiel auf uns wirken lassen. Die Wassermassen, die hier 12 Meter in die Tiefe stürzen, kommen vom Gletscher Vatnajökull.




Húsavík
Im malerisch am Skjálfandi gelegenen Húsavík liegt der Campingplatz zwar an der Straße, aber dafür mit schönem Ausblick auf die Berge. Am Hafen gibt es kaltes Bier, leckere Fish&Chips und natürlich verschiedene Anbieter von Whale Watching Touren.

Bei Sonnenschein legen wir morgens mit dem Holzboot „Sylvia“ ab. Unser spanischer Guide Daniel erzählt mir, dass normalerweise um diese Zeit 20 Boote auf der Spur der großen Meeressäuger unterwegs sind. Heute sind es nur 5. Recht entspannt, auch für die Wale. Und so schwimmen dann auch zwei neugierige Buckelwale eine Weile um die Boote – sehr zur Freude der überwältigten Ausflügler. Das auch noch vor wunderschöner Kulisse – ein Traum.





Total glücklich gehen wir nach diesem Erlebnis von Bord. Wir können uns kaum losreißen von Húsavík. Erst recht nicht, als wir das schön gelegene Café „Jaja Ding Dong“ entdecken. Inspiration für das gerade eröffnete Lokal lieferte der amüsante Film „Eurovision – The Story of Fire Saga“, der teilweise in Húsavík spielt. Erst am späten Nachmittag fahren wir weiter um die Halbinsel Tjörnes Richtung Ásbyrgi. Ganz im Norden entdecken wir etwas abseits von einem Aussichtspunkt dann auch noch einen Felsen mit einer Kolonie Papageitaucher. Was für ein Tag!!!



Ásbyrgi
Auf dem Campingplatz in Ásbyrgi werden wir mit einer Verschärfung der Corona-Maßnahmen konfrontiert: es sind wieder nur maximal 100 Personen auf dem Campingplatz erlaubt, und die sind am heutigen Tag erreicht. Etwas ratlos studieren wir die Karte und fahren ein Stück zurück Richtung Húsavík. Auf einem Schild an der Straße werden Cottages angekündigt, wir biegen kurzerhand ab und mieten eine kleine Hütte. Hier können wir – wenn auch umschwirrt von Millionen Fliegen – den tollen Abendhimmel genießen.



Am nächsten Morgen regnet es heftig. Wir sind froh über unsere warme und trockene Hütte und verlängern gleich noch um einen Nacht. Als der Regen nachmittags nachlässt, können wir zumindest noch eine kleine Tour auf den Felskeil Eyjan in der Ásbyrgi-Schlucht unternehmen.



Mývatn
Wir verabschieden uns heute von der Nordküste und machen uns auf den Weg zum Geothermalgebiet um den See Mývatn. Hier erwartet uns ein Kontrastprogramm: Vulkankrater, dampfende Lavaspalten blubbernde Schlammtöpfe – und mehr Touristen, darunter viele Niederländer.









Gletscherfluss Jökulsá
Nicht weit vom Mývatn entfernt rauscht der Gletscherfluss Jökulsá durch eine breite Schlucht. Gleich drei gigantische Wasserfälle tosen hier über Basaltklippen in die Tiefe. Der Selfoss und der mächtige Dettifoss sind bequem erreichbar. An der letzten Aussichtsplattform startet auf der Westseite ein schöner Wanderweg – nach einer guten Stunde und ein paar Klettereinlagen erreicht man den Hafragilsfoss.







Ebene Möðrudalsöræfi
Auf dem Weg nach Osten kommen wir am Abzweiger Richtung Hochland vorbei und schauen etwas neidisch den geländegängigen Fahrzeugen hinterher, die hier abbiegen. Mit unserem Kleinwagen müssen wir uns mit der Mini-Variante begnügen, der Schotterpiste 901 durch die Ebene Möðrudalsöræfi. In Möđdrulalur, bei Islands höchstgelegener Farm, bleiben wir spontan auf dem kleinen, schön gelegenen Campingplatz. Hier begegnen wir überraschend drei ziemlich zutraulichen jungen Polarfüchsen.



Der Osten
Leider spielt das Wetter bei der Fahrt durch die Ostfjorde nicht so recht mit – die imposanten Berge sind wolkenverhangen. Nach langer Fahrt schlagen wir unser Zelt auf dem netten, kleinen Campingplatz im Fischerörtchen Djúpivogur auf.




Gletscherwelt im Süden
Im Laufe des folgenden Tages bestätigt sich, dass der Süden deutlich regenreicher ist, als der Norden. Also gönnen wir uns ein Zimmer im Hali Country Hotel ganz in der Nähe von unserem nächsten Ziel, dem Gletscher Vatnajökull. Die Zimmer sind schön und geräumig und es gibt ein leckeres Frühstück.
Gletschersee Jökulsárlón
An blauen Himmel ist nicht zu denken, aber immerhin ist es trocken bei unserem Spaziergang am Gletschersee Jökulsárlón. Der Parkplatz ist ziemlich voll, alle wollen mit dem Boot um die Eisberge schippern. Geht man ein Stück am Ufer entlang, dann kann man die wunderschöne Kulisse von See, Eisbergen und Gletscher ziemlich ungestört genießen.




Diamond Beach
Viele der Eisberge, die aus dem Jökulsárlón ins Meer gespült werden, landen am nahegelegenen schwarzen Strand – daher der poetische Name „Diamond Beach„. Hier kann man diese atemberaubend schönen Eisgebilde aus der Nähe bestaunen, anfassen – und ausgiebig fotografieren.




Die Südküste
Bei guter Sicht (die wir nicht unbedingt hatten) kann man auf der Weiterfahrt gen Westen immer mal wieder eine Gletscherzunge erspähen. An der Küste wechseln sich nun Sanderflächen mit den Ablagerungen der Gletscher, Strände und schroffe Felsen ab. In dieser Region liegen auch diverse faszinierende Schluchten.
Fjaðrárgljúfur-Schlucht
Ob man will oder nicht – Fjaðrárgljúfur muss man einfach als malerisch bezeichnen. Auf einem markierten Weg erreicht man einige Aussichtspunkte an der ca. 2 km langen Schlucht. Die ursprünglichen Wanderwege direkt am Rand des Canyons sind leider vor einigen Jahren gesperrt worden. Zu viele Besucher hatten bei dem Versuch, wie Justin Bieber in seinem Video „I’ll Show You“ auf den schwindelerregenden Pfaden zu posieren, alles zertrampelt.




Dachschlucht Þakgil
Kurz vor Vík machen wir noch einen Abstecher in die Dachschlucht Þakgil. Die 14 km auf einer Schotterpiste führen durch tolle Landschaft, aber leider bekommen wir hier den Regenreichtum des Südens wieder voll zu spüren. Es schüttet ohne Ende und auf dem Campingplatz gibt es keine halbwegs geeignete Stelle für unser Zelt. Die eigentlich total schön mit Kerzenlicht beleuchtete „Aufenthaltsgrotte“ wirkt heute auch nur kalt und zugig.


Also strapazieren wir unsere Reisekasse und mieten eine der überteuerten Hütten. Gut investiertes Geld, denn der Regen prasselt die ganze Nacht auf unser Dach. Auch am Morgen ist es grau und ungemütlich und wir sehen wenig von der Schlucht.
Fazit: Dieser Abstecher hierher lohnt nur bei halbwegs gutem Wetter.



Vík
Nachdem man die steilen Serpentinen bewältigt hat, spaziert es sich ziemlich gemütlich bis zur Spitze des Vogelfelsens Reynisfjall in Vík. Hier fliegen Möwen und Papageitaucher auf Augenhöhe vorbei. Außerdem hat man einen tollen Blick auf die Felsnadeln Reynisdrangar und – in der Ferne – das Felstor Dyrhólaey.
Am Strand sind die Basaltsäulen am Fuße des Reynisfjalls ein beliebtes Fotomotiv.




Skógafoss und Seljalandsfoss
Auf unserer Weiterfahrt reiht sich ein Wasserfall an den nächsten. Nachdem wir im Norden schon diverse beeindruckende Kaskaden bewundert haben, widmen wir dem Skógafoss nur einen kurzen Stopp.


Richtig Spaß hat dann aber der Seljalandsfoss gemacht, den man – Dusche inklusive – ausgiebig von allen Seiten ansehen und erleben kann.

Toll ist auch der nur etwa 500 Meter entfernte, etwas versteckt gelegene Gljúfrabúi. Von Weitem ist nur das obere Drittel dieses Wasserfalls sichtbar. Erst wenn man auf Steinen im Fluss balancierend durch den schmalen Eingang in die halboffene Höhle gelangt, offenbart sich seine ganze Größe und Schönheit. Auch hier wird’s ziemlich nass, aber wasserfeste Klamotten haben wir sowieso an, denn der Regen ist mittlerweile unser ständiger Begleiter geworden. Deswegen freuen wir uns auch, dass wir in Vatnsholt etwas abseits der Ringstraße eine winzige, aber gemütliche Hütte finden.


Halbinsel Reykjanes
Auch an unserem letzten Tag in Island ist es nieselig und ungemütlich. Auf dem Weg zur Halbinsel Reykjanes legen wir einen Stopp im ganz ansehnlichen Hafenstädtchen Eyrarbakki ein, in dem man als Küstenkind vergeblich den Hafen sucht. Man findet nur eine verfallene Steinmole, die einmal den wichtigsten Hafen im Süden Islands mehr schlecht als recht vor dem Meer geschützt hat.

Blaue Lagune
Etwas genervt vom Wetter mache ich den – nicht ganz ernst gemeinten – Vorschlag, der Blauen Lagune einen Spontanbesuch abzustatten. Laut Reiseführer muss man dort normalerweise 2-3 Wochen im Voraus reservieren. Aber was ist momentan schon normal? Ein Blick auf die Webseite zeigt, dass wir fast freie Auswahl bei den Einlasszeiten haben. Angesichts des ziemlich happigen Eintrittspreises (ca. 42€ pro Person) zögern wir zwar kurz, aber die Aussicht auf ein warmes Bad siegt über die Sparsamkeit. Und außerdem soll die „Blaue Lagune“ ein besonderes Erlebnis sein.


Wir verbringen herrlich entspannte 2 Stunden in dem großzügig angelegten Thermalbad und der Nieselregen stört uns gar nicht mehr. In Sichtweite dampft das Geothermalkraftwerk Svartsengi, das – quasi als „Abfallprodukt“ – das milchig blaue Wasser der Lagune liefert.
Grindavík
So ein Bad in der Blauen Lagune macht hungrig. Im von außen eher unscheinbar, wenn nicht gar etwas heruntergekommen wirkenden Café Bryggjan im Hafen von Grindavík gibt es extrem leckere (und salzige) Hummersuppe, dazu ein kaltes Bier.

Garður
Für die letzte Übernachtung habe ich das Lighthouse Inn in Garður ausgewählt. Nicht nur, weil es nicht weit ist bis zum Flughafen Keflavík, sondern auch, weil Hotel und Ort einen besonderen Charme haben.
Das Hotel bietet gemütliche und sehr geräumige Zimmer und im abgeschieden direkt am Meer gelegenen Garður ist es wunderbar ruhig.
Die Stille wird nur durch das gelegentliche Pfeifen der Austernfischer, die auf der Wiese vor dem Fenster nach Nahrung suchen, unterbrochen.

Ein perfekter Ort, um die vergangenen 15 Tage in Island Revue passieren zu lassen. Das Land hat mich mit seiner vielfältigen Landschaft und der Nähe zur Natur, die hier eigentlich immer gegeben ist, verzaubert. Gerne möchte ich wiederkommen und ich hoffe, dass Island sich etwas von der durch die Reiseeinschränkungen eingekehrten Ruhe auch in Zukunft bewahren kann.